Herr Habeck, Sie stammen aus einem protestantischen Elternhaus. Haben Sie mal überlegt, Prediger zu werden?
Weil uns Ihre Videos an Predigten erinnern. Sehr getragen, durchdrungen von einem heiligen Ernst, und es mündet immer in Zuversicht: Sehet her, alles wird gut, ich verkünde euch die frohe Botschaft. Ist Ihnen das selbst noch nicht aufgefallen?
Wen bitte interessiert das? Oh, nein! Ein Politiker stellt einen Plan vor und hält den für eine Lösung für ein Problem, schlimm. Habt ihr keine Fragen zu den Dingen, die er in den Videos sagt?
Bei Ihnen kommen die frohen Botschaften manchmal etwas unvermittelt, nachdem Sie vorher alles in sehr düsteren Farben beschrieben haben.
Grundlegende Rhetorik nicht verstanden. Man muss zuerst ein (im Idealfall realistisches) Bild des Problems malen, damit dem Zuschauer klar wird, wo das Problem ist. Anschließend stellt man dann seine Lösung vor.
Sie produzieren bemerkenswert viele und bemerkenswert lange Videobotschaften. Gefallen Sie sich dabei, wenn Sie in die Kamera sprechen?
Digga was? Was interessiert mich das, ob er gerne in der Öffentlichkeit steht. Er ist buchstäblich Kanzlerkandidat, wäre ziemlich scheiße, wenn er Probleme mit Kameras hätte.
Abgesehen davon: Wo ist der Unterschied, ob ein Politiker 2 Stunden bei Maischberger und Co. über sein Lieblingsessen redet oder 15 Minuten in eine Kamera spricht.
Umso größer ist der Kontrast zu diesem Wahlkampf, in dem Sie sich im Rollkragenpulli zu Leuten an den Küchentisch gesetzt haben und bislang vor allem auf Gefühle setzen. Auf uns wirkte das teilweise bis zur Fremdscham überinszeniert, die Generation Ihrer Söhne würde vielleicht sagen: Das war cringe.
Habt ihr echt nichts besseres Gefunden? Ich habe 20 bessere Themen: Kindergrundsicherung, Einknicken bei der Migrationspolitik, Schleppender Ausbau der Erneuerbaren, Wie kann man Hetzkampagnen, wie beim Heizungsgesetz, besser entgegentreten?, Strategie für die Ostbundesländer, in denen die Grünen teilweise nicht mehr im Landtag sind, Position zu Netzthemen, …
Uns ist dafür das Wort Neopopulismus eingefallen. Einverstanden?
Alles, was versucht normalen Menschen etwas zu erklären ist populistisch, da braucht man kein neues Wort. Würde er keine direkte Kommunikation betreiben, wäre das Framing „Wie lebt es sich in seinem Elfenbeinturm?“
Friedrich Merz erzählt unter anderem, dass Sie der schlechteste Wirtschaftsminister aller Zeiten seien. Wie sehr trifft Sie das?
Ich hasse deutschen Journalismus so so so sehr
Strukturschwächen, Geopolitik, Christian Lindner: Es wirkt auf uns so, als suchten Sie die Gründe für die Misere vor allem bei externen Umständen.
Um fair zu sein: Lindner ist schon eine krasse Herausforderung
Treten Sie als Kanzlerkandidat an, um als Wirtschaftsminister eine zweite Chance zu bekommen?
Was juckt mich die scheiße? Ob der das aus Egogründen macht ist mir egal, bei so einer Frage wird eh jeder antworten, dass er ja nur den Menschen helfen will. Ich will wissen: Was haben sie vor? Worauf legen sie Priorität? Wie bringen sie das durch? Und: Wie werden sie mit Angriffen fertig?
Haben Sie sich bei Ihnen oder bei Herrn Lindner getroffen?
Muss man einen Inkompetenztest bestehen, um deutscher Journalist zu werden?
Also Schluss mit der wertegeleiteten Außenpolitik, wie sie Annalena Baerbock propagiert hat?
Ey, das wäre so ein guter Moment gewesen mal eine ernsthafte Frage zu stellen, wie:
„Wie passt die deutsche Politik bezüglich Rojava/Gaza/Xinjang/Kuba zu einer wertegeleiteten Außenpolitik und welche ihrer Werte haben sie zu dieser Politik bewogen?
3,5 Prozent für Verteidigung, damit dürften Sie Probleme mit Ihrer Partei bekommen.
Hier hätte man die große Unzufriedenheit im Fundi-Flügel und das abwandern der Grünen Jugend erwähnen können
Sie sprechen über Musks Beitrag in der »Welt am Sonntag«. Der Techmilliardär schrieb dort vor wenigen Tagen, Deutschland stehe »am Rande des wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenbruchs«, die AfD sei »der letzte Funke Hoffnung für dieses Land«. Wie fanden Sie das?
Ich kann das alles nicht mehr. Was soll er davon halten? Er ist bei den Grünen, einer Partei die nicht die AfD ist. Selbst wenn AfD, Musk und die Grünen bei allem derselben Meinung wären, fände er es trotzdem nicht gut, wenn ein Milliardär die Konkurrenz lobt
Musk nannte Sie kürzlich einen »Narren«. Was entgegnen Sie ihm?
Ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr. Ich halte das alles einfach nicht mehr aus.
Auf X ist die extreme Rechte allgegenwärtig, AfD-Botschaften werden breit gestreut. Ist demokratischer Diskurs im Netz noch möglich?
Ah ja das Internet, der Ort an dem es nicht als Rechtsextremismus gibt. Anders als in den guten alten Printmedien oder der Spiegel-Kommentarfunktion, wo Rechtsextremismus niemals einen Platz haben wird.
Die liberale Demokratie gerät auch von innen unter Druck, die AfD ist in Umfragen zweitstärkste Kraft.
Die AfD ist kein Teil der liberalen Demokratie, sondern ein Parasit, der Parteigelder nutzt, um die liberale Demokratie langsam zu vergiften
Könnte es trotzdem sein, dass der von vielen Menschen als bevormundend empfundene Politikstil der Grünen es der AfD manchmal sehr leicht macht?
Ich kann nicht mehr. Ich lese das nicht weiter.
Prinzipiell mag ich harte Interviews, ich will, dass die Journalisten auch mal den Advocatus Diaboli machen und den Interviewten auf Dinge antworten lassen, die der Journalist selbst nicht, die Gegner aber schon sagen würden. Ich will das Interviews hart sind, die Leute sich rechtfertigen müssen und so gezwungen sind ihre Seite einer vernünftigen Debatte mit guten Argumenten zu verteidigen.
Dabei sind aber mehrere Dinge zu beachten:
- Der Journalist muss darauf achten unvernünftige Positionen nicht zu legitimieren,
- es sollte dabei nicht darum gehen Clickbait-Sätze heraus zu locken und
- der Journalist sollte seine Fragen, wenn er antagonistisch auftritt auf Sachfragen, nicht Emotionen beschränken.
Dabei hat der SPIEGEL hier so ziemlich versagt “Gefallen Sie sich dabei […]?” und “Wie sehr trifft Sie das?” sind Versuche das aus der Sachebene heraus zu holen und unterstellen unterschwellig aus dem Ego heraus zu handeln, ohne die Möglichkeit dem zu begegnen ohne selbst auf die emotionale Ebene zu wechseln, was Habeck hier geschickt nicht tut.
Warum möchte der SPIEGEL auf die emotionale Ebene? Weil da das Clickbait lebt. Dabei macht sich der Journalist einen sehr populistischen Blick auf “die Eliten” / “dIe GrÜnEn!!” zu eigen und legitimiert diese durch seine Fragen… ein Versagen auf ganzer Linie vom ehemaligen Nachrichtenmagazin.
Söder ist ein Merz-Problem.
Ich wünschte das wär so, aber in Bayern leider nicht nur -.-
Oh, da ist aber jemand sensationsgeil und es ist nicht der Gast im Interview. Die ziehen ja echt jedes Register für eine Schlagzeile.
Der Spiegel sollte sich ernsthaft schämen auf diese Art und Weise ein Interview zu führen. Es wird nur der Sprechen von Merz und co nachgelabert ohne das zu reflektieren. Zudem versuchte man dauerhaft Habeck das Wort im Mund umzudrehen und ihn dazu verleiten was zu sagen, dass man Populistische Ausschlachten kann. Umso besser das Habeck sich da nicht drauf eingelassen hat.